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München bewegen im Mai

München und BUKO - da war doch schon mal was. Im Sommer 2001, nach den Ereignissen von Genua, entstand die Idee, die Dynamik der Bewegung gegen kapitalistische Globalisierung mit einer Mobilisierung gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in München zu verbinden, und so etwas von der Stärke und Attraktivität dieser internationalen Bewegung in die lokalen Kämpfe zu übertragen. Ein erster Aufruf dazu wurde auf dem Abschlusspodium des BUKO 24 in München als gemeinsame Erklärung verabschiedet.

Der BUKO 24 unter dem Titel "Von Kölngehen über Nizza, Göteborg und Genua ... nach Münchengehen" im Herbst 2001 fand in einer turbulenten Zeit statt: Das Ringen um eine Einschätzung zu den ebenso starken wie konfliktreichen Protesten in Genua, der Schock und die Wut über die Ermordung Carlo Giulianis und die Repression gegen die Aktivist_innen in Genua bestimmten viele Auseinandersetzungen auf dem damaligen BUKO. Die Ereignisse des 11. September 2001 lagen noch nicht lange zurück und das Ausmaß des so genannten "Krieges gegen den Terror" sowie die Wirkmächtigkeit des damit verbundenen rassistisch aufgeladenen Diskurses waren noch nicht in ihrem vollen Umfang absehbar.

Dem Auftakt der Kampagne gegen die alljährlich in München stattfindende Kriegskonferenz folgte ein dynamisches Protestwochenende im Februar 2002. Allen Verboten zum Trotz, demonstrierten Tausende gegen die Konferenz und die repressive Politik der Stadt. Der Widerstand gegen die Konferenz prägte in den folgenden Jahren ebenso die antimilitaristische Linke wie die Protestlandschaft Münchens. Auch wenn 2013 immer noch 2000 Menschen gegen die Siko auf der Straße waren: die Dynamik fehlt, die Kampagne schleift sich ab - doch die Dringlichkeit antimilitaristischer Interventionen beschäftigt uns in München weiterhin. Der Krieg beginnt hier - das ist in München, dem Standort der wichtigsten Rüstungskonzerne, ganz offensichtlich. Über die Perspektiven antimilitaristischer Politik wollen wir auf dem BUKO 35 in München gemeinsam diskutieren.

BUKO in München - in der Höhle des Löwen?

"München liebt Dich." Das ist der Slogan einer Werbekampagne der Stadt München. Ein Slogan, der die alltägliche Realität vieler Menschen in München ausschließt: die Realität derjenigen Menschen, die sich den Wohlstand der glänzenden High-Tech-Metropole nicht leisten können, die tagtäglich mit der Repression der Münchner Polizei konfrontiert sind, und derer, die die "Weltstadt mit Herz" nicht in das selbige geschlossen haben. In München begannen Umstrukturierungsprozesse deutlich früher als in vielen anderen deutschen Städten. Die städtische Architektur schafft ein "Innen" und ein "Außen". Das "Innen" ist für jene reserviert, die es sich leisten können.

"Die Kehrseite der städtischen Wachstumsstrategie sind explodierende Mieten, zigtausend leerstehende Büroquadratmeter, lange Wartelisten bei städtischen Sozialwohnungen, eine starke Verdichtung des städtischen Raums und eine enorme Immobilienspekulation. Die wachsende Stadt ist eine sozial geteilte Stadt, die von und durch Verdrängung geprägt ist. Arme, Alte, Migrant_innen und zunehmend den Großteil der Bevölkerung trifft es. Die Promenaden den Gutsituierten, dem "Pöbel" die Mietskasernen außerhalb, lautet die heimliche Devise. Zwangsräumungen und zunehmende Obdachlosigkeit sind dabei die extremsten Ausdrücke dieser Entwicklung" - so beschreibt das Münchner Bündnis "Recht auf Stadt" die Situation. Die Verschränkung sozialer und rassistischer Exklusion zeigt sich seit einiger Zeit besonders deutlich an der Stadtpolitik gegenüber migrantischen Arbeiter_innen aus Rumänien, Bulgarien und anderen osteuropäischen Ländern. Durch den rassistisch strukturierten Arbeits- und Wohnungsmarkt und städtische Auflagen für Wohnheime und Notunterkünfte, die Menschen aus den entsprechenden Herkunftsländern explizit ausschließen, sind sehr viele von ihnen gezwungen, sich als Tagelöhner_innen in extrem prekarisierten Arbeitsverhältnissen ausbeuten zu lassen und auf der Straße zu leben.

"Wir fordern Arbeit, Unterkunft, medizinische Versorgung!", so lauteten die Parolen einiger von dieser Politik Betroffener auf der 1. Mai-Demo und auf einer Kundgebung vor dem Wohnungsamt in München. "Wir stellen die soziale Frage, die in den Metropolen heute auch eine Frage der Aneignung von Räumen ist, von allgemeinem Zugang zu den Orten gesellschaftlichen Reichtums, städtischer Infrastruktur und Wissen. (...) Wir wollen eine Stadt, in der Platz für alle ist und die sich nach den Interessen und Bedürfnissen der Menschen entwickelt." - heißt es im Manifest des "Recht auf Stadt"-Bündnisses München.

"Krieg beginnt hier". Kampagne gegen die kriegerische Normalität - den Rüstungsstandort München markieren, blockieren, sabotieren! - dazu ruft ein Plakat auf, auf dem im Münchner Stadtplan die Orte von Kriegsgerät- und militärischer Wissensproduktion eingezeichnet sind.

"Gegen Naziterror, staatliche und alltäglichen Rassismus, Verfassungsschutz abschaffen", fordert ein Bündnis, das die bundesweite Demo zum Auftakt des Prozesses gegen Beate Zschäpe (NSU) in München Mitte April vorbereitet.

Es regt sich vielfältiger Protest in München, das aus der Ferne vielleicht manchen vor allem als repressive Polizeistadt, als reaktionäre Bonzen-Hochburg und miefig-spießiges CSU-Nest erscheint. Der Frühling kommt und wir freuen uns auf den BUKO 35 in München!