zuletzt aktualisiert am 03.04.2012
 

Auf die Barrikaden: Freie Bildung für alle ? weltweit!

"Education is not for Sale" - ein Slogan, der vor einigen Jahren auf keinem Studidemo-Transparent und keinem Uni-Streikflugblatt fehlen durfte. Und auch wenn die Streik- und Demonstrationswellen hierzulande momentan nicht mehr so hoch schlagen, ist der rasante Ausverkauf von Bildung weiterhin der zentrale Punkt der Kritik an der herrschenden Bildungspolitik und zwar international.

Ob in Italien SchülerInnen, Studierende und LehrerInnen gegen die massiven Sparpläne Berlusconis und Pläne zur rassistischen Ausgrenzung von Kindern protestieren, in Griechenland Studierende gegen die Einführung von Studiengebühren auf die Barrikaden gehen oder in Chile SchülerInnen und Studierende gegen die Bildungsreform Protest organisieren: Gegen Privatisierung und soziale Selektion - freier Bildungszugang für alle, lautet der Tenor der Forderungen.

Bildung für alle - was heißt das eigentlich in Zeiten zunehmender Ökonomisierung? Auf dem Buko32 wollen wir dieser Frage nachgehen und uns kritisch mit den weltweiten Veränderungen der Bildungssysteme auseinandersetzen. Dabei geht es uns darum, internationalistische und emanzipative Perspektiven auf Bildung sichtbar zu machen und Konzepte jenseits von nationalen Standort- und Verwertungslogiken zu diskutieren.

Hierzulande reproduziert das hierarchische Schulsystem systematisch soziale Ungleichheit. Der Diskurs um schulische Bildung wird vor allem von der Frage beherrscht: Wie weiter mit dem viergliedrigen Schulsystem aus Haupt-, Real, Gesamtschule und Gymnasium? Durch die Einführung allgemeiner "Bildungsstandards" und die Verkürzung der Schulzeit (Stichwort G8) erhöht sich der Druck auf SchülerInnen, LehrerInnen, aber auch Eltern, sich bzw. "ihre Kinder" den Anforderungen des Marktes entsprechend auszubilden bzw. ausbilden zu lassen. Der Grundstein für ungleiche Zugangschancen wird bereits früher gelegt. Frühkindliche Bildung ist das Zauberwort. So sollen Kinder schon im Elternhaus und Kindergarten auf den harten Konkurrenzkampf des Marktes vorbereitet werden.

Mit der Ende der 1990er Jahre begonnenen europaweiten Umstellung der Studienstruktur auf Bachelor und Master und der damit einhergehenden Verkürzung der Studienzeiten wurde die schnellere Bereitstellung der AbsolventInnen für den Arbeitsmarkt entschieden vorangetrieben. Hochschulen unterliegen nunmehr einer Funktions- bzw. Aufgabenverschiebung zugunsten stärker ausbildungsorientierter Studiengänge. Im Jahr 2000 verabschiedeten die europäischen Staats- und Regierungschefs in Lissabon ein Hochschulprogramm, das zum Ziel hatte, "die EU bis zum Jahre 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen." Opfer dieser Entwicklung sind vor allem diejenigen Studiengänge, die bei einer an Kennziffern orientierten Kosten-Nutzen-Rechnung hinten runterfallen.

In vielen Staaten sind Bildungsgebühren schon lange an der Tagesordnung. Die private Beteiligung an der "Investition" in die eigene oder die Bildung der Kinder wird kaum noch hinterfragt. Diese Entwicklung verstärkt den Ausschluss von Menschen aus sozial und ökonomisch prekären Verhältnissen. Parallel zur Einführung von Bildungsgebühren reduziert der Staat die Bildungsausgaben, was wiederum die Notwendigkeit privater Investitionen legitimieren soll und damit die Verbreitung von so genannten Public Private Partnership (PPP) mit der Folge, dass Kindergärten, Schulen und Hochschulen zu immer repressiveren Zurichtungsanstalten für den Markt werden.

Neben den verschiedenen Bildungsfeldern unterliegt aber auch der Bildungsbegriff selbst einem fundamentalen Bedeutungswandel. Können wir Bildung heute noch im Spannungsfeld von wirtschaftlicher Verwertbarkeit einerseits und dem emanzipatorischen Anspruch auf Entfaltung des Subjekts andererseits verorten, so droht er künftig auf den ersten Aspekt reduziert zu werden. JedeR Einzelne wird zunehmend dazu angehalten, noch schneller, noch besser, noch effizienter Informationen in Wissen umzuwandeln und nutzbar zu machen. Wir sollen ? so das vorherrschende Credo - unter dem Diktat der Konkurrenz die immer flexibler werdenden Arbeits- und Lebenszusammenhänge gefälligst selbst managen. Der "Arbeitskraftunternehmer", in Anlehnung an das neoliberale Paradigma des "unternehmerischen Selbst", hat Einzug gehalten. Das Individuum mit seinem Wunsch nach Selbstentfaltung und -entwicklung wird dabei zunehmend zur romantischen Figur, die wie kollektive Emanzipationsbewegungen nur noch als literarischer Stoff in utopischen Romanen verkauft werden soll.

Ziel des 32. BUKO wird es sein, progressive Ansätze in einer durch Abwehrkämpfe gekennzeichneten Bildungsgeschichte zu finden. Neben der Analyse der aktuellen Situation, z.B. an den bundesdeutschen (Hoch-)Schulen, werden Bildungsansätze aus Ländern des globalen Südens vorgestellt, wie z.B. autonome Bildungsprojekte in Chiapas oder das Konzept der Educación Popular. Welche weiteren emanzipatorischen Alternativen gibt es jenseits der institutionalisierten Bildung? Wir haben AktivistInnen aus Italien und Griechenland zu Gast, die gegen die Privatisierung von Bildung kämpfen und bieten ein Forum zur Vernetzung von Aktivitäten, wie dem Bildungsstreik 2009. Auf der Baustelle Bildung des BUKO32 wollen wir uns gegen den Ausverkauf von Bildung wehren und demgegenüber emanzipatorische Formen des Lernens stark machen.

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