» (Wieder-)Aneignungskämpfe statt Sternenkriege - Commons gegen das Imperium

   » Zehn Gründe für einen BUKO in Tübingen

 

(Wieder-)Aneignungskämpfe statt Sternenkriege - Commons gegen das Imperium

In der traditionell linken Symbolik weist der (klassisch: leuchtend rote) Stern den Weg in die klassenlose Gesellschaft und verweist somit auf eine "bessere Welt". Der Weg allerdings scheint stetig länger zu werden - auch wenn wir "eine andere Welt für möglich" halten, werden wir immer wieder mit der Übermacht der miesen Verhältnisse konfrontiert. Ob gegen die ständige Beschneidung sozialer Rechte, gegen fortschreitende Privatisierung, Entdemokratisierung und Repression, gegen Flüchtlingsbekämpfung, Menschenrechtsverletzungen, ungerechten Welthandel und Krieg - es ist vor allem der Kampf gegen die Übel, der uns bewegt. Die EU mit ihrem metaphorischen Sternenhimmel, der zynischerweise u.a. für "Vollkommenheit" stehen soll, vervollkommnet in erster Linie ihr Imperium durch weltweit agierende Polizeitruppen, den machtvollen Zugriff auf natürliche Ressourcen, die Ausplünderung des globalen Südens und die Abschottung gegen Flüchtlinge.

Auf dem  wollen wir daher im doppelten Sinne nach den Sternen greifen: Wir richten zum einen den Blick auf Alternativen zur kapitalistischen Verwertungslogik, konkreter auf emanzipatorische Praktiken der Schaffung und Erhaltung von Commons/Gemeingütern. Commons sind nicht (nur) die neuen Stars am linken Diskurshimmel, sondern gelebte Praxis und konkrete Utopie. Zum anderen wollen wir Kämpfe gegen die anscheinende Allmacht der EU sichtbar machen und Strategien diskutieren, wie ihre Hegemonie aufgebrochen werden kann.

Nach den Sternen greifen I: Commons bilden

Privatisierung und Enteignung von Ressourcen und Wissen bilden die Basis kapitalistischer Vergesellschaftung. Für den Zugriff des Marktes selbst auf Lebensnotwendiges, wie z.B. Wasser und Saatgut, werden auch die letzten Schranken gebrochen. Sowohl historisch als auch aktuell verlief und verläuft die Einhegung von Gemeinressourcen und -gütern nicht ohne Gegen-bewegungen. Kämpfe gegen die Patentierung indigenen Wissens, gegen Wasserprivatisierung und für die kollektive Nutzung von Land beispielsweise sind Verteidigungskämpfe um Commons - um Verfügungsrechte über Gemeinressourcen. Gleichzeitig werden neue Commons, vor allem im Bereich Wissen und Kultur geschaffen, die gegen Privatisierungsbestrebungen ständig neue Wege der kollektiven Nutzung entwickeln.

Solidarische Praxen der Selbstverwaltung und des Teilens und Schenkens sind gelebte Praxen einer emanzipatorischen Allmende. Auf dem BUKO 33 fragen wir nach gelebten Utopien und suchen nach "Halbinseln" des guten Lebens: Wie sehen konkrete und utopische Praxen der kollektiven Produktion und Nutzung von Ressourcen, Dingen, Wissen und Räumen aus? Welche Praktiken gibt es, um "Commons" zu schaffen und zu erhalten?

Nach den Sternen greifen II: Wir in Europa - die EU in der Welt

Frontex, der Vertrag von Lissabon, die Sicherheitsarchitektur EU - dies waren einige der Themen auf dem BUKO 31 in Dortmund. Der Vertrag von Lissabon ist inzwischen verabschiedet, Frontex wurde weiterentwickelt und die europäischen Eliten basteln weiter an ihrer Sicherheitsarchitektur.

Auf der anderen Seite aber bleibt das Wissen über die EU und das Verhältnis zu ihr unklar. Ihre Selbst- und Fremdzuschreibungen als "Friedensprojekt", "normative Kraft", als "postnationale Konstellation" können auf jedem einzelnen Gebiet, von der Arbeitsmarktpolitik über das "Migrationsmanagement" bis hin zur militärisch flankierten Außen(handels)politik, widerlegt werden. Doch diese Kritik bleibt allzu oft im Vergleich mit den die EU konstituierenden Nationalstaaten stecken. Vielleicht weil wir die Utopie einer "postnationalen Konstellation", eines Europas von unten in einer Welt von unten, nicht weitergedacht haben?

Auf dem BUKO 33 werden wir uns unter anderem mit den Fragen beschäftigen, wie die EU nach innen und nach außen wirkt, welche Gruppen im globalen Süden und in Europa der Politik der EU entgegentreten und was wir gegenseitig von diesem Widerstand lernen können.

So hoffen wir, beim BUKO 33 ein Stück auf dem Weg zu einer "besseren Welt" voran und den Sternen ein wenig näher zu kommen. Globaler Enteignung setzen wir kollektive Aneignung entgegen. Wir möchten uns mit euch auf die Suche nach internationalistischen, emanzipatorischen Alternativen und Perspektiven begeben.

Nach den Sternen greifen III: Junge Leute-Programm

Wenn der 33. Bundeskongress der internationalistischen Linken (kurz BUKO 33) nach Tübingen kommt, werden auch Jugendliche und junge Erwachsene dabei sein.
Die für alle offenen Workshops setzen oft viel politisches Wissen voraus; durch Fach- und Fremdwörter ist es für Neueinsteiger_innen schwer, alles genau zu verstehen und kritisch mitzudenken - und deshalb auch ihre Meinung zu sagen. Daher gibt es unsere JuLe-Workshops.

 

Zehn gute Gründe für einen BUKO in Tübingen

BUKO in Tübingen? Wo ist das denn? Das ist dort, wo sich Maultasch' und Kässpätzle gut's Nächtle sagen! Und dort, wo am Himmelfahrtswochenende 2010 das Herz der internationalistischen, feministischen, antikapitalistischen, antirassistischen, antinationalistischen, antifaschistischen - also linken - Bewegung in Deutschland schlagen wird: beim BUKO 33.

BUKO in Tübingen. Das ist erstens mal was anderes. Ein  nicht im grauen Norden, sondern im sonnigen Süden - zwar noch nicht im globalen Süden, aber das kann ja noch kommen.

BUKO in Tübingen. Das ist zweitens eine supercoole Location. Kein kalter Uni-Zweckbau (wie sonst bei linken Kongressen), sondern eine ehemalige Brauerei, umgebaut zum soziokulturellen Zentrum "Sudhaus". Podiumsdiskussionen im Großen Saal. Workshops im Tanzstudio. Arbeitsgruppen in den Ateliers. Abhängen im Biergarten. Knutschen in der Obstwiese. Lagerfeuer!

BUKO in Tübingen. Das ist drittens ein grünes Biotop. Ein nettes Uni-Städtchen am Neckar, mit Schwänen und Stocherkähnen, mit Fachwerkhäusern und Taubentürmen, mit Eisdielen und Maultaschen-Restaurants. Der Oberbürgermeister ist (schwarz-)grün, die Gemeinderatsmehrheit "rot"-grün. Und der Leiter des Ordnungsamts kennt alle linken DemonstrantInnen mit Namen und ladungsfähiger Adresse.

BUKO in Tübingen. Das ist viertens ein schwarz-brauner Sumpf. Hier residiert der Grabert-Verlag, der bundesweit wichtigste geschichtsrevisionistische Buchverlag.Weitgehend unbehelligt, auch wenn die  Antifa gelegentlich etwas einheizt. In den wimpelgeschmückten Schlösschen über dem Neckar saufen sich reaktionäre Burschenschafter um den Verstand. Und auf dem Stadtfriedhof ehrt man den Alt-Nazi und Alt-Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger.

BUKO in Tübingen. Das ist fünftens ein linkes Hochbürgle. Hier ist die Linke nicht so sektierer-isch zerstritten wie in der Großstadt. Hier entstand 2002 (nach ?Genua?) das bundesweit erste "social forum". Hier tobt jedes Jahr am 30. April eine Mayday-Parade. Hier gibt es seit 1974 einen Weltladen, seit 1979 einen Frauenbuchladen und seit 1995 ein Freies Radio. Hier gibt es Antifas, Schulstreikende, antirassistische Initiativen, Kommunikationsgueriller@s, Montagsdemos und vier BUKO-Mitgliedsgruppen. Und noch viel mehr!

BUKO in Tübingen. Da geht sechstens kulturell was. Im selbstverwalteten Jugendzentrum Epplehaus (besetzt 1972 nach einem Ton-Steine-Scherben-Konzert) geht jedes Wochenende der Punk ab. Am Wochenende nach dem BUKO steigt ein unabhängiges und untergründiges Medienfestival (für alle, die uns nach dem BUKO beim Aufräumen helfen und gleich dableiben wollen, siehe www.plattform-nobudget.de). Und im Juni rockt das Ract!-Festival, eines der bundesweit größten politischen Umsonst-und-Draußen-Festivals (die suchen noch Leute, die politische Workshops anbieten!).

BUKO in Tübingen. Hier ist siebtens die europäische Seifenblasen-Hauptstadt ? auch ohne BUKO. Hier ist der Sitz der Firma Pustefix.

BUKO in Tübingen. Das ist achtens Europa von oben und von unten. Hier war bis 1990 eine französische Garnison stationiert. Hier sammelten Linke schon vor 50 Jahren Geld für die algerische Unabhängigkeitsbewegung (Antikolonialismus muss praktisch werden!) und agitierten die französischen Soldaten. Mittlerweile sind die ehemaligen Kasernen-Areale zivilisiert und gelten europaweit als Musterbeispiele für nachhaltige Stadtentwicklung und politische Gründüngung. In Tübingen sitzt aber auch die Informationsstelle Militarisierung (IMI), eine der wichtigsten EU-kritischen Stimmen in Deutschland.

BUKO in Tübingen. Hier haben wir neuntens schon mal angefangen mit dem schönen Leben und mit den Commons. Es gibt Wohnprojekte (mit Hausbars!), zwei Wagenburgen (auf einem Platz!), einen Infoladen, einen Umsonstladen. Und seit zwei Jahren fordert eine Kampagne einen kostenfreien öffentlichen Nahverkehr: Mobilität ist ein Grundrecht!

BUKO in Tübingen. Das ist zehntens ein guter Ausgangspunkt für alle, die nach vier Tagen leidenschaftlicher Debatte, konstruktiver Vernetzung, direkter Aktion und fetter Party urlaubsreif sind. Von hier ist man in zwanzig Minuten auf der Schwäbischen Alb -  und in sieben Stunden am Mittelmeer.