Aufruf zu einem dezentralen Verständigungsprozess zum Thema „Internationalismus“

9.10.2019, dezentral

Die AG Neupositionierung Internationalismus der BUKO lädt euch alle zu einem dezentralen Verständigungsprozess ein. Passend zu einem Neustart der BUKO wollen wir klären, was Internationalismus heute für uns bedeutet. Wie ihr euch einbringen könnt, findet ihr in dem Aufruf.

Die Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) sieht ihren Ursprung in den Solidaritätsbewegungen mit den Befreiungskämpfen im Süden und versteht sich als Ort einer emanzipatorischen, internationalistischen Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse. Neben den kontinuierlich arbeitenden Arbeitsschwerpunkten und Kampagnen trat die BUKO zuletzt v.a. mit ihren jährlichen Kongressen in Erscheinung, die unter mehr oder weniger aussagekräftigen Titeln je eine Vielfalt von Themen mit oder ohne Bezug zum Internationalismus präsentierten. Diese stießen zwar auf große Resonanz innerhalb der linken Szene, trugen jedoch auch zu einer inhaltlichen Breite bei, die es erschwerte, zu zentralen Fragen internationalistischer Theorie und Praxis gemeinsame Standpunkte zu entwickeln und damit an die Öffentlichkeit zu treten. Dies mag mit dazu beigetragen haben, dass die BUKO in den letzten Jahren in eine Krise geraten ist. Seit 2015 fanden keine Kongresse (in der bisherigen Form) statt, auch dadurch nahm die Bekanntheit, die Verbindlichkeit der tragenden Strukturen und die interne Debattenkultur weiter ab.


Ende Juni 2019 wurde nach einem längeren Analyse- und Reflexionsprozess beschlossen, die BUKO-Strukturen neu zu beleben. Unter anderem wurde das Ziel gesetzt, möglichst schon 2020 wieder einen größeren Kongress zu veranstalten und wieder verstärkt mit den alten und potentiell auch neuen Mitgliedsgruppen ins Gespräch zu kommen. Parallel nahmen wir uns vor, eine inhaltliche Diskussion zu einer Neubestimmung unseres Begriffs von „Internationalismus“ anzustoßen. Denn offensichtlich haben sich die internationalen Machtgefüge – früher primär als Nord-Süd-Verhältnis verstanden – mindestens ebenso stark gewandelt, wie die Vielzahl und der Charakter dessen, was zuvor – nicht weniger grob – als „Befreiungsbewegungen“ bezeichnet wurde. Zwar ist die „kritische Solidarität“ vielen noch ein Begriff und in der Praxis einzelner Gruppen erkennbar, eine gemeinsame Reflexion hierüber aber kaum noch wahrnehmbar.


Wir haben den Eindruck, dass sich die internationale Zusammenarbeit im linken Spektrum häufig als Abwehrkampf (z.B. gegen das Grenzregime) und praktische Solidarität mit Ein-Punkt-Bewegungen (z.B. gegen das Agieren einzelner Firmen) darstellt, während der Blick auf das große Ganze und die Vision einer radikal anderen globalen Gesellschaftsordnung zunehmend verloren ging. Wie kam es dazu? Was halten wir davon? Ist das eine Niederlage oder eine Chance für den ursprünglichen Ansatz jeden Internationalismus‘ - sich als gleichberechtigte Bewohner*innen eines einzigen Planeten zu denken?


Zugleich glauben wir, dass der Internationalismus eine wichtige – vermutlich notwendige – Perspektive ist, um die Machtgefälle, Privilegien und Verwerfungen des aktuellen globalen Regimes erkennen und dem methodischen Nationalismus der herrschenden Politik und des herrschenden Denkens etwas entgegensetzen zu können.


Das allerdings ist immer noch reichlich vage und vielleicht stehen wir mit diesen Einschätzungen auch alleine da. Deshalb möchten wir die BUKO-Mitgliedsgruppen und der BUKO nahestehende Zusammenhänge zu einem dezentralen Verständigungsprozess einladen, um der Frage nachzugehen:


Was bedeutet „Internationalismus“ heute?


Unsere Einladung:

Dazu schlagen wir öffentliche Veranstaltungen in verschiedenen Städten vor, auf denen BUKO-nahe Gruppen aus der Region ihre Arbeit vorstellen. Wir möchten einen Raum anbieten, in dem die Relevanz internationalistischer Praxis und Theorie ausgeleuchtet und diskutiert werden soll.

Erste Veranstaltungen in dieser Art sind im November/Dezember 2019 in Berlin, Hamburg und Tübingen angedacht. Zumindest hier wollen wir die Diskussion auch zusammenfassend dokumentieren und in ihren Ergebnissen und Widersprüchlichkeiten auf dem nächsten BUKO-Kongress vorstellen. Wir wollen jedoch auch weitere Gruppen und Einzelpersonen aufrufen, in ihren Städten und Regionen vergleichbare Veranstaltungen zu organisieren und deren Kontroversen in den weiteren Diskussionsprozess einzubringen. Die BUKO-Arbeitsgruppe mit dem Arbeitstitel „AG Neupositionierung Internationalismus“ würde dabei unterstützend zur Hand gehen und – falls gewünscht – auch einen Input zu den bisherigen, oben angedeuteten Überlegungen einbringen.

Rückmeldungen, Fragen und Anregungen gerne an:

internationalismus-disko(at)buko.info


Eure AG Neupositionierung Internationalismus