"Shark Island" - Grüner Wasserstoff aus Namibia für die deutsche Industrie

02.12.2024, Mannheim/online

Der Arbeitskreis Kolonialgeschichte Mannheim lädt in Kooperation mit Medico International und der Mannheimer Abendakademie zu einer Veranstaltung über die Haifischinsel in Nambia und die dort geplante Produktion von grünem Wasserstoff für die deutsche Industrie ein.

Am Montag, 2. Dezember um 19 Uhr gibt es im Saal der Abendakademie einen halbstündigen Film von Forensic Architecture über die Orte und historischen Ereignisse auf der Haifischinsel. Darauf folgt ein Vortrag des Wissenschaftlers und Philosophen Dr. Boniface Mabanza Bambu. Besucher*innen sind herzlich zur Diskussion eingeladen. Der Eintritt ist frei

Film: „Shark Island“ (Forensic Architecture)

Input: Dr. Boniface Mabanza Bambu

Die Veranstaltung wird auch live gestreamt: https://youtube.com/live/-UACvulrlYY?feature=share 

Im deutschen Konzentrationslager auf der Haifischinsel mussten Überlebende die abgetrennten Köpfe ihrer an Hunger und Zwangsarbeit Verstorbenen bis auf die Knochen ‚reinigen‘, damit sie für die ‚Rassenforschung‘ nach Deutschland transportiert werden konnten. Deutschland war 32 Jahre lang Kolonialmacht im heutigen Namibia und verübte in dieser Zeit einen Genozid an den Ovaherero und Nama.

Die Haifischinsel sollte ein Ort der Erinnerung an diese Gräueltaten sein.

Aber die Regierungen Deutschlands und Namibias wollen dort und auf dem benachbarten Naturschutzgebiet Industrieanlagen bauen. Es geht um Grünen Wasserstoff für die

deutsche Industrie. Dafür müssen viele Windturbinen und Solaranlagen, eine Meerwasserentsalzunganlage und Fabriken zur Herstellung von Wasserstoff und Ammoniak gebaut werden. Ebenso ein großer Hafen für den Abtransport.

 

Verstecken sich im erneuten Zugriff auf die Ressourcen Namibias alte koloniale Muster? Sollte die deutsche Regierung nicht zuerst mit den betroffenen Gemeinschaften über den begangenen Genozid, über Reparationen und Heilung sprechen.

 

Dr. Boniface Mabanza Bambu ist in der Demokratischen Republik Kongo unter der Militärdiktatur Mobutus geboren. Er studierte Philosophie, Literaturwissenschaften und Theologie in Kinshasa und promovierte an der Universität Münster zum Thema „Gerechtigkeit kann es nur für alle geben. Globalisierungskritik aus afrikanischer Perspektive“. Mabanza Bambu hat eine Ausbildung in Konfliktmanagement bei der Akademie für Konflikttransformation in Bonn absolviert. Seit 2008 ist er Referent der Kirchlichen Arbeitstelle Südliches Afrika in der Werkstatt Ökonomie/Heidelberg mit den Schwerpunktthemen Handelspolitik, Rohstoffpolitik und Globalisierung. Daneben ist er Trainer für Entwicklungspolitik und Antirassismus für verschiedene Institutionen und aktiv in verschiedenen Netzwerken der Afrikanischen Diaspora in Deutschland und Europa. Mabanza Bambu publizierte zahlreich zu verschiedenen afrika-relevanten Themen. Er war Gastprofessor an der Goethe Universität/Frankfurt und von 2018 bis 2021 Mitglied der Nationalen Fachkommission Fluchtursachen.

 

Worum es geht:

Der geplante Import von grünem Wasserstoff aus dem südlichen Namibia ist mit einem brisanten Thema der deutschen Geschichte verbunden. Denn der Standort der Produktion und Verschiffung soll genau da stattfinden,  wo Lüderitz anlandete und Deutschland 1884 die Kolonie Südwestafrika gründete. Die Haifischinsel vor dem Städtchen „Lüderitz“ diente während des deutschen Genozids an den Herero und Nama als Konzentrationslager. Dort wurden die Gefangenen u.a. gezwungen, abgetrennte Köpfe ihrer an Hunger und Zwangsarbeit Verstorbenen bis auf die Knochen ‚reinigen‘, damit sie für die ‚Rassenforschung‘ nach Deutschland transportiert werden konnten. Die Nachfahren der beiden Volksgruppen setzen sich dafür ein, dass die Haifischinsel als Ort der Erinnerung an diese Gräueltaten respektiert wird. Das ist jedoch mit dem Bau von Industrie- und Hafenanlagen für die Versorgung der deutschen Industrie nicht vereinbar. Grundsätzlich erwarten sie von der deutschen Regierung, dass sie zu dem begangenen Genozid steht und bereit ist zu Gesprächen über Schritte zur Reparation, statt wieder auf namibische Ressourcen zuzugreifen.