zuletzt aktualisiert am 03.04.2012
 

This Congress is currently Under Construction

Autos sollen gekauft, aber Gürtel enger geschnallt werden; der heimische Markt wird abgeschottet, der nationale Standort gerettet; gleichzeitig darf der eigene Zugriff auf globale Ressourcen nicht gestört werden und dieses "Privileg" wird zur Not auch militärisch out of area verteidigt: Die gegenwärtigen Krisen-Maßnahmen zielen auf die Sicherung von Reichtum und Ausbeutung und die Aufrechterhaltung globaler Ungerechtigkeiten. Dieser Art von "Krisenmanagement" wollen wir ein deutliches "Ya basta!" entgegensetzen und uns auf die Suche nach emanzipatorischen Alternativen - utopischen und ganz konkreten ? begeben.

Alle reden von Krise. Wir auch - aber nicht nur! Während einige von einer neuen Qualität von Krisenhaftigkeit reden, sehen andere kapitalistisches Business as usual. Wir betrachten die derzeitige Lage als Under Construction. Sind doch die laufenden Umstrukturierungen so vielfältig und gegensätzlich wie die zugrunde liegenden Forderungen: Auf den diskursiven und materiellen Baustellen der Welt wird an hegemonialen Positionen und Strategien gearbeitet. Zeit, sich zu verständigen und Zeit, sich einzumischen!

Den Transformationen in Zeiten der Krise nähern wir uns auf dem 32. Kongress der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) anhand dreier Themenfelder: der herrschenden Ökonomie, dem Klima sowie der Bildung. Die Perspektive ist die auf Alternativen, auf Widerstand und Bewegung: Den Rettungspaketen für Banken und Firmen stehen die Kritik herrschenden Krisenmanagements und die Grenzen überschreitende Vernetzung gegenüber, dem klimapolitisch forcierten sozial wie auch ökologisch verheerenden Anbau von Agrotreibstoffen der Ansatz des Small-Scale-Farming und der Durchkapitalisierung von Bildungsinstitutionen, Ansätze selbstbestimmten Lernens. Auch wenn diese Proteste und Gegenstrategien weit entfernt davon sind, hegemonial zu werden, wollen wir sie sicht-, diskutier- und durchsetzbar machen.

... Under Construction I: Weltwirtschaft

Hier geht es um die Folgen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise auf die konkreten Arbeits- und Lebensbedingungen von Menschen, insbesondere in den Ländern des globalen Südens und Osteuropas. Von der Krise ganz unmittelbar betroffen sind vor allem diejenigen, die ohnehin prekär und ohne soziale Sicherung leben. Repressive Maßnahmen und wachsender Rassismus gegenüber migrantischen ArbeiterInnen in Italien oder die Entlassung von ArbeiterInnen wie in Indien oder China führen zu einer weiteren Verschärfung des Überlebenskampfes. Ebenso nehmen an vielen Orten die Proteste gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu, immer mehr Menschen organisieren sich und sind in Streiks involviert. Diese Prozesse sollen auf dem BUKO32 analysiert und diskutiert werden.

... Under Construction II: Klima

Hier stellen wir uns der Frage, welche Realitäten - Macht-, Geschlechter- und/oder Nord-Süd-Verhältnisse - den Klimawandel erzeugen und umgekehrt, welche neuen Bedingungen und Verhältnisse der Klimawandel schafft. Wo kritisieren soziale Bewegungen diese Realitäten und welche Forderungen stellen sie hinsichtlich eines sozialen Wandels?  Auch wenn viele Linke sich dem "Klimawandel" bisher nur zögerlich zuwenden, so viel ist klar: Herrschaftskritische, emanzipative Bewegungen werden nicht umhin kommen, sich damit zu beschäftigen. Klimawandel ist kein Ein-Punkt-Thema für Öko- und Natur-Interessierte, sondern Ausdruck einer umfassenden Krise gesellschaftlicher (Natur-)Verhältnisse. Wir möchten den Blick auf die Unterschiede in der Verantwortung für den Klimawandel und in den Auswirkungen auf die lokalen Verhältnisse richten. Gleichzeitig stellen wir die Frage  nach Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten von Bewegungen: Wo gleichen sich Forderungen und Analysen sozialer Bewegungen im globalen Norden und Süden bzw. wo gehen sie von anderen Grundsätzen aus oder widersprechen sich gar? Wie also können linke klimapolitische Praxen "von unten" fern der marktorientierten "Krisenlösungen" aussehen?

... Under Construction III: Bildung

Hier wird ein Bereich in den Blick genommen, der seit Jahren auch von offizieller Seite zur Dauerbaustelle erklärt wird. Sei es die Bildungs-, Schul- oder Hochschulreform oder auf europäischer Ebene der Bologna-Prozess: Da wo Reform drauf steht, ist ein Konzept von Bildung enthalten, das sich primär an Marktgängigkeit, Verwertbarkeit und Effizienz orientiert. Es gibt genug Bildung für alle ? solange das Geld reicht und es reicht oft nur noch bei denjenigen, die sich Bildung privat leisten können. In globaler Perspektive  bedeutet dies drastischen Ausschluss: So besuchen weltweit etwa 100 Mio. Kinder keine Schule, ihnen bleibt aufgrund ihrer Herkunft der Zugang zu institutioneller Bildung generell versperrt.

Die globalen und lokalen Umstrukturierungsprozesse werden aber nicht ohne Kämpfe durchgesetzt: Ob in Europa (z.B. Frankreich, Griechenland) oder in Ländern Lateinamerikas (z.B. Chile) - in den letzten Jahren gibt es massive Proteste gegen Bildungsprivatisierung, Kürzungen und Studiengebühren. Gibt es also im vermeintlichen Sog der Globalisierung Platz für Konzepte wie Emanzipation, Mündigkeit, Chancengleichheit, Selbstbestimmung, Kollektivität, etc.? Was sind alternative Bildungskonzepte und -praxen und was ist ein emanzipatorischer Begriff von Bildung?

Tausend Fragen, viele Baustellen und alles wie immer unfertig: Ein typischer BUKO eben, zu dem wir ganz herzlich einladen!

Die BUKO32-Vorbereitungsgruppe

 

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