Freund oder Feind?


Die Linke und der Krieg
Es gibt so etwas wie einen kategorischen Imperativ für die Linke: Herrschafts- und Machtverhältnissen sind weltweit zu kritisieren. Kriege sind die konzentrierteste Form dieser Verhältnisse. Doch die Kriegslogik ist eine andere: Kriege fordern Bekenntnisse: Freund oder Feind.
Als Linke in Deutschland sollten wir uns zuallererst jeder vordergründigen Kriegslogik, jeder Option für eine Seite verweigern. Warum ist es notwendig, sich z.B. im Irak-Krieg auf die Seite einer der zwei oder drei Kriegsparteien zu schlagen? Wie kann man überhaupt nur auf die Idee kommen, die US-Regierung und ihre Militärs könnten im Irak auch nur irgendwelche fortschrittliche Ziele verfolgen? Warum vergessen viele in ihrer berechtigten Kritik an den USA, dass es auch der deutschen, französischen und russischen Regierung nicht um die Einhaltung von Menschenrechten und sonstigem Tand geht, sondern schlicht darum, ihre Interessen mit anderen Mitteln zu verfolgen? Und schließlich habe ich manchmal den Eindruck, das irakische Regime unter Saddam Hussein wird von Teilen der Friedensbewegung nicht als massenmörderische Diktatur wahrgenommen, die es nun einmal ist.
Dennoch: der Krieg gegen den Irak wird nicht geführt, weil dieser militärisch so stark, sondern - genau im Gegenteil - weil er so schwach ist. Es gibt wahrscheinlich kein Land, über dessen Waffenpotential man so gut Bescheid weiß. Bush jr. hatte im September 2001 einen langandauernden Krieg gegen den Terrorismus angekündigt; der Krieg im Irak verspricht ihm den zu Hause benötigten schnellen Erfolg. Dass mit dem Krieg die schon lange diskutierte Neuordnung des Ölregimes in der Region und weltweit angegangen werden kann, sollte für einen Linken klar sein, auch wenn der Krieg darin nicht aufgeht. Dieser langandauernde Krieg wird auch nach der heißen Phase weitergehen. Die Möglichkeiten für Linke sind angesichts des Mangels an relevanten emanzipatorischen Kräften beschränkt. Da eine solch marginale Position manchmal nicht einfach ist, schlagen sich die eine und der andere auf eine Seite der kriegführenden Parteien. Und so macht sich hier Antiamerikanismus breit, während dort manche ihr Herz für den Bellizismus entdecken, ob für einen menschenrechtlich-humanitären oder für einen antideutschen bleibt sich gleich und ist letztendlich auch unerheblich. Irgendwann werden sich viele als Regierungsberater in den diversen Think Tanks wiederfinden.
Eine Linke, die diesen Namen verdient, sollte versuchen, in die Friedensbewegung zu intervenieren, um sie zu politisieren. Dies heißt, die unterschiedlichen Interessen in diesem Konflikt deutlich zu machen, auch diejenigen der FriedensheuchlerInnen von Rot-Grün. Zum anderen sollte sie sich für Fluchtmöglichkeiten für die betroffenen Menschen aus der Region nach Deutschland einsetzen. Und schließlich sollte sie eine Öffentlichkeit für VertreterInnen emanzipatorischer Gruppen aus der Region schaffen. Denn es gibt sie - und nicht nur im Irak. Nicht viele vielleicht. Aber es gibt sie.

Moe Hierlmeyer (BUKO Arbeitsschwerpunkt Weltwirtschaft)


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