Für Siege ohne Kriege?


Imperialismus in der neuen Weltordnung

Was auch immer geschieht: Nie dürfen wir so tief sinken, von dem Kakao, durch den man uns zieht, auch noch zu trinken.
(nach Erich Kästner)

Die Stimmung der Bevölkerung der BRD war von Anfang an gegen den Irak-Krieg - das haben die Demonstrationen der Friedensbewegung gezeigt. Die Parolen reichen dabei vom einfachen "No War" über "Win without war" bis zu "Antikapitalismus globalisieren - stoppt die NATO-Kriegspolitik". Dabei hat die Anti-Kriegsbewegung erlebt, dass versucht wurde, die Proteste zu einer Unterstützung der SPD/Grünen-Regierung umzuleiten.Jede Bewegung aber, will sie sich der Eskalation der aktuellen und kommenden Kriege entgegenstellen, bedarf der Analyse der Ursachen und Hintergründe dieser Entwicklung, der Gegenmobilisierungen sowie der eigenen Möglichkeiten. "Sicherheit" gerät derzeit zur zentralen Propagandalosung. Nach den Anschlägen des 11.09.01 wurde dieser Begriff zum Ansatzpunkt, um international neue Kriege und intern verstärkte Repression durchzusetzen. Innerhalb der Metropolen hat die Propaganda den Krieg der angeblich zivilisierten Welt gegen die "Terroristen" in den Köpfen verankert. Nicht nur neue Gesetze und Ermittlungsbehörden sollen mehr "Sicherheit" garantieren, sondern auch eine neue Normalität von Selbstkontrolle und Denunziation. In einer Situation, in der in den Metropolen, unter dem Vorzeichen der kapitalistischen Globalisierung im großen Stil soziale Sicherheiten zerschlagen werden, ist "Sicherheit" durch Polizei und Militarisierung das Versprechen der gesellschaftlichen Eliten an alle. Dieses Versprechen soll zum einen die Identifikation mit der Konstruktion von Feindbildern und die Solidarisierung mit dem System des Profits, den Mächtigen dieser Welt schaffen. Zum anderen soll eine breite Akzeptanz für globale Kriege und massive Einschränkungen von persönlicher Freiheit hergestellt werden.

Die "Sicherheit", über die Wirtschaftsführer, Politiker, Medienleute und nicht zuletzt die Polizei- und Militärgeneräle dabei sprechen, bedeutet weltweit die Verwertung von Menschen und Natur, Männerherrschaft über Frauen, rassistische Unterdrückung und Krieg. Weltweit organisieren sie die "Sicherheit" ihrer Produktionsstandorte, ihres Warenverkehrs, ihrer Kapitalströme und ihres Zugriffs auf Rohstoffe. Der Begriff Imperialismus als treffende Bezeichnung der Unterschiedlichkeit von Metropole und Peripherie ist für uns nach wie vor tauglich. Dabei haben sich die Formen dieser Weltordnung gewandelt. Neue Produktionstechniken, neue Arbeits- und Unternehmensorganisation und neue Marktverhältnisse haben sich herausgebildet und stehen nicht mehr in Übereinstimmung mit gesellschaftlichen Normen und Institutionen, die diese stützen. Kurz: Wir sehen das kapitalistische Akkumulations- und Regulationsregime in der Krise. Beinhaltete die Phase des Fordismus zumindest als Versprechen noch die Perspektive von Fortschritt in Richtung eines ›besseren Lebens‹ - als "Wohlfahrtsstaat" in den Metropolen, als "nachholende Entwicklung " in der Peripherie - so ist dieses Versprechen mit dem Neoliberalismus aufgegeben. Ohne die Perspektive einer politischen Lösung und ohne die damit einhergehende Regulation, die eine Übereinstimmung nicht nur gesellschaftlicher, sondern auch individueller Perspektiven mit diesem Regime herstellt, wird zunehmend auf unmittelbare Zwangsformen zurückgegriffen. Der Zusammenhang zwischen Metropole und Peripherie wird darüber hergestellt, dass die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zunehmend brutalisiert, militarisiert, ethnisiert oder religiös fanatisiert werden. Es wird ein Krisenmanagement entwickelt, das ständig seine Stabilität durch Destabilisierung aufrechterhält. Dieses Krisenmanagement der Ausbeutung ist nicht auf die regulären Armeen der Metropolenstaaten beschränkt. Es umfasst Warlords und Privatarmeen von transnationalen Konzernen und Drogenkartellen sowie von religiösen, ethnisierten oder separatistischen Bewegungen.

Die Grenzen zwischen Krieg und Frieden verschwimmen zusehends: Unter dem Stichwort "langandauernder Krieg gegen den Terror" werden militärischpolizeiliche Präsenz und militärische Einsätze zu einem flexiblen System der weltweiten Kontrolle verschmolzen. Ständiger Ausnahmezustand und Krieg werden zum scheinbaren Frieden.

Innerhalb dieses Rahmens eines Krisenmanagements spielt sich auch die innerimperialistische Konkurrenz ab. Die ablehnende Haltung einiger europäischer Staaten gegenüber einem Angriff auf den Irak hat nichts mit Friedensliebe zu tun, sondern viel mit unterschiedlichen ökonomischen und machtpolitischen Interessen. Die Ziele sind die gleichen, auch wenn sie mit feinen Unterschieden verfolgt werden: sich die Filetstücke im Gerangel um Absatzmärkte, Rohstoffe und Produktionsbedingungen zu sichern. Eine Antikriegsbewegung, die sich nicht zum Spielball der Interessen der eigenen Regierungen in dieser Konkurrenz machen lassen will, kann sich nur gegen eben diese Regierungen und in der Kritik an ihnen bilden. Die Antikriegsbewegung muss auf ihrer Unabhängigkeit und ihrem Eigensinn beharren.

"Win without war" kann nicht ihre Parole sein, auch "friedlich" den Imperialismus durchzusetzen ist eben nichts anderes als die Durchsetzung des Imperialismus. Den von den eigenen Regierungen angerichteten Kakao darf sie nicht trinken.

Antimilitaristisches Bündnis Krieg ist Frieden


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