|  |   Pressemitteilungen vom BUKO25 in Frankfurt: Freitag, 10.05.02    Bilder Solidarischer Widerstand in globalen 
        Zeiten Zweiter Tag des Internationalismuskongress "Tatort Globalisierung"   Wie groß das Bedürfnis der TeilnehmerInnen der Bundeskoordination 
        Internationalismus ist, eine neue Definition und Bewertung von Internationalismus 
        zu diskutieren, zeigten auch die Veranstaltungen am Freitag, dem zweiten 
        Kongresstag. Im Mittelpunkt standen die Podiumsveranstaltungen "Zwischen 
        Straßenprotest und Netzguerilla - Die Produktion von (Gegen-) Öffentlichkeit" 
        und "Wege aus der Sackgasse - Der Nahostkonflikt und die Solidaritätsbewegung". 
        Daneben wurden in vielen Arbeitsgruppen die Fragestellungen aus den Podiumsveranstaltungen 
        vertieft und ein erster Erfahrungsaustausch der praktischen Ansätze 
        der Gruppen aus der BuKo begonnen.In der Podiumsveranstaltung zu Gegenöffentlichkeit zeigte ein kurzer 
        historischer Abriss den Wandel in der Struktur der Öffentlichkeit 
        und der Medien. Ging die politische Linke in den 70er Jahren noch von 
        einem Konzept der Gegenöffentlichkeit aus, das versuchte, die Trennung 
        von privat und öffentlich aufzuheben, die bürgerliche Presse 
        radikal zu kritisieren, so wurde sie in den 80ern bereits in ihre Nischen 
        verbannt. Die 90er brachte für viele Linke eine Entscheidung zur 
        Professionalisierung, andere Inhalte sollten in die bürgerlichen 
        Medien gebracht werden, die Kritik war insofern nicht mehr formal auf 
        die Medien selbst bezogen. Die große Mehrheit der VeranstaltungsteilnehmerInnen 
        stimmte Katharina Pühl, die im Fachgebiet Frauen und Geschlechterforschung 
        an der Universität Kassel arbeitet, in ihrer kritischen Einstellung 
        gegenüber dem Glauben an einen Pluralismus der bürgerlichen 
        Medien zu. Es müsse den Freiraum geben, eine eigne Praxis zu entwickeln, 
        die sich nicht sofort an Effizienz zu messen habe. Eigene Erfahrungen 
        sollten nicht für wertlos gehalten werden, denn die internationalistische 
        Bewegung operiere nicht nur im diskursiven Raum. Anzuknüpfen sei 
        dabei auch an die Frage des Eröffnungsplenums, welche Formen von 
        Subjektivität im Neoliberalismus vorgegeben seien. Dass dabei Geschlechterverhältnisse 
        nicht erwähnt wurden, mache sie selbst zu einer Vertreterin von Gegenöffentlichkeit 
        auf der buko.
 Einen Rahmen und eine neue Struktur von Gegeninformation bietet das Beispiel 
        indymedia, vorgestellt von Winni Medina. Die Form des open posting erfordere 
        sowohl kritische ProduzentInnen von Information als auch kritische KonsumentInnen. 
        Indymedia sei eine Form der Kanalisierung von Informationen, ein Portal, 
        das sich antikapitalistischer Globalisierungskritik verschrieben habe, 
        hierarchiekritisch und nicht kommerziell. Die Vormittagsveranstaltung 
        wurde von etwa 300 TeilnehmerInnen besucht.
 "Wie international ist die internationalistische Presse?" wurde 
        z.B. in einer Arbeitsgruppe am Nachmittag gefragt. Etwa 30 Journalistinnen 
        und Journalisten diskutierten hier über Ressourcenknappheit der linken 
        Medien, die Schwierigkeiten den Kontakt mit Autorinnen und Autoren aus 
        den Ländern des Südens über einen längeren Zeitraum 
        aufrechtzuerhalten und die Veränderungen der redaktionellen Konzepte: 
        War vormals die Länderberichterstattung der Schwerpunkt in den Solidaritäts-Medien, 
        werden heute mehr Diskursthemen aufgegriffen und erscheinen an prominenter 
        Stelle. Auch in den linken Medien finden sich kaum JournalistInnen und Berichterstatter 
        aus dem Süden.
 In der Arbeitsgruppe "Wem gehört die Natur? Biopiraterie und 
        Widerstand" wurde die Patentierung von Leben, die Aneignung und Vermarktung 
        von natürlichen Ressourcen problematisiert und auf geplante Aktivitäten 
        gegen Biopiraterie hingewiesen. Andere Arbeitsgruppen, die am Samstag 
        fortgesetzt werden, thematisieren u.a. fairen Kaffeehandel, Privatisierung 
        von Wasser oder Internationalisierung des Widerstands. Die Veranstaltung "Wege aus der Sackgasse - Der Nahostkonflikt und 
        die Solidaritätsbewegung" zog wie erwartet viele Interessierte 
        an. Rund 800 Personen verfolgten die Beiträge der Gäste Aida 
        Touma Souliman (Geschäftsführerin der arabischen Frauenrechtsorganisation 
        "Women against Violence" und Mitglied der Kommunistischen Partei 
        Israels), Moshe Zuckermann (Historiker und Autor aus Tel Aviv) und Sabah 
        Alnasseri (Politologe, Frankfurt/Main). Die Diskutierenden sahen ihre 
        schlimmsten Befürchtungen durch die Realität übertroffen, 
        eine polische Lösung des Krieges in Israel und Palästina sei 
        aussichtsloser denn je. Die hiesige Linke sei an dieser Frage gespalten 
        wie nie zuvor. Die neue Intifada hat mehr Opfer gefordert als die Auseinandersetzungen 
        in den letzten zwanzig Jahren. Israel habe, so Zuckermann, die Wahl zwischen 
        Skylla und Charybdis, d.h. entweder gibt Israel die besetzten Gebiete 
        zurück. Dann genügen 5.000 bis 10.000 Hardliner, die sich in 
        den Siedlungen verschanzen, um ein Bild heraufzubeschwören, in dem 
        Juden auf Juden schießen.
 Oder Israel gibt die besetzten Gebiete nicht zurück. In einer linksliberalen 
        Perspektive wird die Infrastruktur in den besetzten Gebieten als irreversibel 
        angesehen, eine Einschätzung, die politisch umgesetzt werden müsse. 
        In der rechtsextremen Perspektive kann eine Rückgabe nicht gedacht 
        werden, selbst wenn die Palästinenser dem zustimmen würden. 
        Israel befände sich dann in einem Dauerzustand als Besatzungsmacht, 
        in einem Dauerzustand der Gewalt in einer bi-nationalen Struktur.
 Aida Touma Souliman bestätigte, dass eine Lösung nicht von den 
        Palästinensern ausgehen könne, in einem ungleichen Kampf, in 
        dem die Palästinensische Autonomiebehörde ihrer Infrastruktur 
        beraubt sei. Erfolgreiche Dialogansätze seien in der jetzigen Situation 
        zerstört. Keine Illusionen will sich Aida Touma Souliman über 
        die derzeitige Stärke der israelischen Friedensbewegung machen. "Aber 
        es können Veränderungen stattfinden, wenn die schlimmsten Tage 
        kommen, sie werden kommen". Aus dem Publikum wurden mehrfach Fragen 
        nach den Adressaten der Solidarität gestellt. Für Mosche Zuckermann, 
        aber auch für Aida Touma Souliman und Sabah Alnasseri ist das nicht 
        der Kern der Debatte. Eher sei diese Unsicherheit eine Folge der typisch 
        deutschen Abstraktion von Weltverhältnissen, die nicht auseinanderhalten 
        kann, was Antisemitismus und was Kritik am israelischen Staat ist.
 Praktischen Solidarität in einem veränderten globalen Kontext 
        war das wichtigste Thema in den Veranstaltungen des 2. Tages des Bundeskongresses. 
        Wie diese in den neuen globalen Strukturen verwirklicht werden soll, ist 
        nach dem notwendig gewordenen Bruch der BuKo-Gruppen mit den alten Mustern 
        der internationalen Solidaritätsarbeit zu einer zentralen Frage geworden.  Bilder
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